Grenzen als Orte der Gottesbegegnung

Einer meiner Lieblingsverse aus den Psalmen lautet: Der Herr verschafft deinen Grenzen Frieden (Ps 147). So war ich auf die INFAG Fortbildung zu diesem Thema sehr neugierig. Es war ein großartiger online Abend für mich, bzw. für einige von uns, vielleicht auch, weil die Inhalte so passend für meine/unsere Wirklichkeit sind.

Das Leben birgt immer Lebenskrisen und Lebenshöhepunkte. Das Wort Krise kommt von „krinein“ = entscheiden. Im Buch Deuteronomium heißt es: Leben und Tod lege ich dir vor: Wähle das Leben! (Dtn 30,29) Wir können jede Krise als Kreuzung sehen, wo es darum geht, sich für einen Weg zu entscheiden. Wenn wir uns nicht entscheiden, entscheiden wir uns für den Stillstand, was dem Tod gleichkommt.

Eine Krise, eine Schlüsselerfahrung im Leben von Franziskus war die Begegnung mit dem Aussätzigen. In seinem Testament schreibt er, dass der Kontakt mit den Aussätzigen ihm zuerst bitter vorkam, bis Gott ihn zu den Aussätzigen geführt hat. (vgl. Testament 1-3).

Die Veränderung geschieht durch:

  1. Begegnung: Jede Begegnung kann ein Augenblick der Gnade sein, in der Gott mir begegnen möchte. So wird der andere Mensch für mich zum Sakrament. Nur der/die andere kann mich herausfordern, mir einen Spiegel vorhalten und mir eine Erfahrung ermöglichen, die mich über mich selbst hinausführt.
  2. Sich dem Bedrohlichen und Angstmachendem stellen: Wir können vor der Krise, vor dem Leid davonlaufen. Die christliche Spiritualität stellt sich dem Dunkel und gibt eine Antwort drauf: Du findest das Leben, indem du dich ihm stellst, denn durch das Dunkel hindurch führt der Weg in das Licht. Leid und Tod führen zur Auferstehung.
  3. Durchblicken, tiefer blicken: In der Begegnung mit dem Aussätzigen blickt Franziskus tiefer und entdeckt, dass Gott ihn anspricht und verändert.
  4. Innehalten: Wachstumsprozesse und geistliche Vorgänge brauchen Zeit. Nach der Begegnung mit dem Aussätzigen zieht sich Franziskus zurück und hält eine Weile inne. Er will das Erlebte überdenken. Er unterbricht seine Zeitplanung für Gott. Im Alleinsein mit Gott findet er zur Klarheit für seinen weiteren Weg. Er selbst macht wenig, er lässt Gott an sich handeln.

Möge es uns im Alltag immer wieder gelingen, dass wir Grenzen und Krisen als Chancen des Wachstums und als Möglichkeiten der Gottesbegegnung entdecken dürfen!

Sr. Elisabeth

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