
Am 21. Oktober 2025 fand bei den Schwestern von der Schmerzhaften Mutter in Wien-Simmering das 268. Franziskanische Abendlob – Francesco meets Taizé – statt. Im bewährten Wechsel von Gesang, Gebet und Stille konnten sich die Beter:innen von den Worten des Sonnengesangs (besonders die beiden Strophen über Mutter Erde und Schwester Tod) berühren lassen und darüber nachsinnen.
Die beiden Anlässe im Umfeld des Abendlobes, nämlich Erntedank – Dank für die Gaben der Erde – und das Denken an die Verstorbenen zu Allerseelen, hatten Sr. Jana zur Wahl dieser Abschnitte inspiriert.
Darauf bezogen sich auch die beiden ausgewählten Texte. Zuerst die Aufforderung Jesu, sich nicht um Nahrung und Kleidung zu sorgen, weil der Vater im Himmel für all das sorgt. Die Begründung dafür zeigt die tiefe Verbundenheit Jesu mit Pflanzen und Tieren. Voller Dankbarkeit und Bewunderung blickt er auf die Schönheit der Natur, die jede menschliche Prachtentfaltung übertrifft.
Und dann ein Text des Thomas von Celano, in der er das Sterben von Franziskus schildert. Der Heilige begrüßt den Tod als Schwester und als Tor zum Leben und verlangt dann, vor seinem Hinscheiden nackt auf den Erdboden gelegt zu werden – für mich ein schockierendes und unbegreifliches Verlangen. Sr. Jana ist es gelungen, mit wenigen Worten mein Entsetzen ein wenig zu lindern: Franziskus sucht damit die unmittelbare Verbindung mit der Erde, seiner und unser aller Schwester und Mutter. Sie bringt Frucht hervor, d. h. neues Leben. So schließt sich der Kreis zum Erntedank: Wer sein Sterben als Erntedankfest verstehen kann, wer im Sterben für alles, was er als Gabe und Aufgabe empfangen hat, danken kann, für den verliert der Tod – zumindest ein Stück weit – seinen Schrecken.
Vertiefend dazu haben wir zum Abschluss einen Text gebetet, der den Menschen mit einem Baum vergleicht, der in der Erde verwurzelt ist, in ihr Halt und Nahrung findet und sich nach Licht und Wärme ausstreckt. All das bringt er in Früchten und Samen zur Reife und bringt dem Schöpfer so seinen Lobpreis dar. In diesen Worten wurde für mich dann das zuerst erschreckende und unverständliche Verhalten des hl. Franziskus zu einem ermutigenden und hoffnungsvollen Zeichen. Manchmal braucht es wohl das extreme Verhalten eines von Gott erfüllten Einzelnen, um Alltagsmenschen und Durchschnittschristen (wie mich) ein kleines Stück weiter auf dem Weg zum Heil zu führen.
Günter Stingl
Bildquelle: P. Emmanuel-Maria Fitz OFM: https://www.kath-kirche-kaernten.at/pfarren/detail/C3258/heimgang-des-heiligen-franziskus
